Historischer
Hintergrund

Von der Munitionsfabrik zur Eventlocation

Die Alte Gießerei ist ein facettenreiches Gebäude mit einer außergewöhnlichen Geschichte. Sie zählt zu den ältesten Bauwerken der Stadt Espelkamp und entstand 1943 als Kesselhaus auf dem Gelände der Heeresmunitionsanstalt (Muna). Ihr ursprünglicher Zweck war, die Kampfstoffabfüllanlage mit Dampf und Heißwasser zu versorgen.

Dank des Kriegsendes musste die Anlage jedoch nie in Betrieb genommen werden, und so wurden Heizkessel, Lüftung und Rauchfilteranlage demontiert.
Anfang der 1950er Jahre wurde ein neues Kapitel aufgeschlagen: Aufgrund der guten Bausubstanz konnte das Gebäude für industrielle Zwecke genutzt werden. Die Firma Aumann siedelte sich auf dem Gelände an und nutzte den Bau als Gießerei. Nach vielen erfolgreichen Jahrzehnten erfuhr das Unternehmen Anfang der 1990er Jahre einschneidende Umstrukturierungen, die schließlich die Insolvenz zur Folge hatten. Die Fabrikation wurde eingestellt – das Ende der Gießerei war besiegelt. 

Nachdem sich verschiedene Ideen zur Nachnutzung nicht realisieren ließen, rettete Unternehmer Paul Gauselmann das Bauwerk vor dem Verfall. 1996 erwarb die MERKUR Gruppe das Gelände samt dazugehöriger Gebäude. Zehn Jahre später fiel die Entscheidung, Nägel mit Köpfen zu machen und das beredte Zeugnis Espelkamper Stadtgeschichte nicht nur so weit wie möglich zu erhalten, sondern auch wieder erlebbar zu machen.

2006 begannen umfangreiche Renovierungsarbeiten: Rund 20 Unternehmen aus der Region waren daran beteiligt, die Gießerei originalgetreu wiederherzustellen und ihr zu neuem Glanz zu verhelfen. Das Dach wurde komplett saniert und rund 3.600 Quadratmeter Wandfläche mit Sandstrahlern bearbeitet, um die ursprüngliche Fassade wieder freizulegen.

Auch Espelkamps zweithöchster Schornstein brauchte eine Spezialbehandlung: Rund 1.500 Steine mussten von Hand zugeschnitten, geschliffen und ausgetauscht werden. Es wurden keine Kosten und Mühen gescheut, um die Charakteristika des Bauwerks zu erhalten. Ein Jahr später konnte die Eröffnung im feierlichen Rahmen begangen werden.

Seitdem hat sich die Alte Gießerei als Eventlocation für besondere Anlässe und als Ausstellungsort für Kunst und Kultur einen Namen gemacht. Was einst als Energiequelle für die Waffenproduktion gedacht war, hat sich zur Begegnungsstätte für Menschen entwickelt und sich als Ort des Diskurses und der Verständigung hervorgetan. Da war es nur folgerichtig, dass das Deutsche Auswandererhaus die Alte Gießerei als Ort für die Sonderausstellung „Neu anfangen, nur wie? Espelkamp und andere ‚Flüchtlingsstädte‘ in den 1950er Jahren“ ausmachte. 

Geadelt wurde die Alte Gießerei schließlich von dem Besuch des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier, der nicht nur die Sonderausstellung besuchte, sondern im Rahmen seines dreitägigen Besuchs in Espelkamp dort auch rund 160 geladene Gäste begrüßte.